„Nicht weit weg vom Puls der Zeit“ – Interview mit Stephan Kroppenstedt

Stephan Kroppenstedt

Dieser Artikel ist aus der Reihe „Wir stellen uns vor“, in der wir alle Mitarbeiter im Palasthotel einmal vorstellen möchten. Die Interviews hat Ute Mündlein geführt und verschriftlicht, mit der wir ganz besonders gerne zusammen arbeiten. Wir veröffentlichen die Texte „in order of appearance“ der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Firma.

„Nicht weit weg vom Puls der Zeit“ – Interview mit Stephan Kroppenstedt

Für die Facharbeit in der 12. Klasse (2006) hat Stephan ein eigenes Blogsystem entwickelt, nur drei Jahre nach dem ersten Release von WordPress. „Ich war nicht so weit weg vom Puls der Zeit“, stellte er in unserem Interview schmunzelnd fest.

Inzwischen ist er näher dran. Auf dem Beyond Tellerrand Day im Dezember 2015 stellte er beispielsweise die Trends für das Jahr 2016 vor. Inwieweit seine Prognosen sich bestätigt haben, verrät er im Interview. Privat schaut Stephan dagegen gerne zurück. Er sucht Kochrezepte, die sich bewährt haben, insbesondere vergessene regionale Spezialitäten.

Was machst du bei Palasthotel?

IMG_6037Backend-Entwicklung, Beratung, Frontend-Entwicklung, Projektleitung, Konzeption, Kundenbetreuung, WordPress und manchmal Burger braten.

 

Wie ist dein beruflicher Werdegang?

Meine ersten Schritte habe ich vor 15 Jahren in der Informatik AG mit Microsoft FrontPage gemacht. Framesets, <marquee>, font-size und diese lustigen Dinge von damals. Das war zu einer Zeit, als allmählich DSL aufkam und ich zu Hause noch gar kein Internet hatte bzw. auch nicht kannte. FrontPage war damals, glaube ich, im Microsoft-Office-Paket dabei. So konnte ich auch ohne Internet eine Internetseite bauen.

Für die Facharbeit habe ich ein rudimentäres Blogsystem programmiert. Wenn man bedenkt, dass die erste Version von WordPress am 27.05.2003 zum Download bereitgestellt wurde, also drei Jahre vorher, war ich nicht so weit weg vom Puls der Zeit. 🙂

Als zusätzliche Lernleistung habe ich die Internetseite der Schule überarbeitet. Das heißt, ein eigenes CMS geschrieben, Design ausgedacht und schließlich alles umgesetzt. Die Seite läuft heute immer noch.

Nach dem Abitur und dem Zivildienst habe ich Medieninformatik und Gestaltung studiert und die Studiengebühren mit dem Programmieren von Webseiten finanziert. Während des 1. Semesters im anschließenden Masterstudiengang wusste ich, das ist es nicht. Spontan ergab sich dann die Möglichkeit, direkt in den Beruf zu wechseln. Bei deteringdesign in Bielefeld habe ich dann mein Wissen aus dem Studium angewendet und auch viel dazugelernt. Es war sehr lehrreich, mit so vielen guten Gestaltern zusammenzuarbeiten.

Im Jahr 2013 bin ich zu Palasthotel gewechselt und dort dann in eine Menge Töpfe, Swimmingpools und Weltmeere mit kaltem Wasser gesprungen und regelmäßig mit neuen Erfahrungen, Eindrücken und Kompetenzen wieder aufgetaucht.

An welchen Projekten hast du bei Palasthotel mitgearbeitet? Welches ist in Erinnerung geblieben und warum?

Ich bin direkt in den Böll- und Emma-Relaunch gestolpert. Das waren auf einmal ganz andere Dimensionen, als ich bis dahin gewohnt war. Inhalte, die ich bislang „händisch“ migriert hatte, wurden automatisiert gemacht. Am CSS arbeiteten mehrere Leute gleichzeitig und die Komplexität der Seiten war auf einmal um mindestens zehn Faktoren gestiegen. Das ist auf jeden Fall hängen geblieben.

Das Projekt, bei dem ich über dem gesamten Projektablauf dabei war (und das ich noch immer betreue), ist meedia.de. Auch heute, über zwei Jahre nach dem Relaunch, arbeiten wir weiter an der Seite und implementieren Verbesserungen, um die Reichweite zu erhöhen, neue technische Features auszuprobieren – oder um die Ladezeit noch schneller zu machen.

Schließlich ist da noch unser Mammutprojekt: die drei Musiktitel Rolling Stone, Musikexpress, Metal Hammer. Wobei, es sind mittlerweile 3.4 Seiten geworden. Dort habe ich viel Projektleitung übernommen und gleichzeitig auch viel am Frontend geschraubt.

3.4 Seiten?

Es gibt drei Hauptseiten und für Musikexpress mittlerweile vier Verticals: me.movies, me.urban, me.style und me.ow. Das sind zwar keine neuen Seiten, die Basis ist Musikexpress.de, der Aufwand war aber ähnlich hoch.

Enno hat Butler entwickelt. Gibt es Tools, die du entwickelt hast?

Früher™ ein, zwei „CMS“.

Darüber hinaus ein Ressourcen-Planungstool, das initial von Ben gestartet und von mir zum großen Teil weiterentwickelt wurde. Es ist ein WordPress-Plugin mit einer Schnittstelle zu unserer Zeiterfassung mite. Es liefert vor allem einen visuellen Überblick über Wochen, Monate, Mitarbeiterauslastungen, Überstunden und so weiter.

Ein kleiner Blick in die Ressourcenplanung im Palasthotel. Bunt, komplex und vielen Werten.
Ein kleiner Blick in die Ressourcenplanung im Palasthotel. Bunt, komplex und vielen Werten.

Außerdem noch Datenvisualisierungen für Octavius. Octavius ist eine Eigenentwicklung vom Palasthotel. Es zeigt auf, welche Bereiche der Webseite für Klicks sorgen. Mittlerweile laufen dort Unmengen an (anonymen) Daten auf. Um konkrete Aussagen treffen zu können, aber auch um Fehler finden und identifizieren zu können, habe ich mittlerweile mehrere Datenansichten gebaut.

 

Lebenszyklus eines News Artikels. Mit den Werten von Octavius und der grafischen Repräsentanz wird das „Leben" eines Artikels - die Zugriffe der Besucher - sichtbar.
Lebenszyklus eines News Artikels. Mit den Werten von Octavius und der grafischen Repräsentanz wird das „Leben“ eines Artikels – die Zugriffe der Besucher – sichtbar.

Auf dem Beyond Tellerrand Day Ende 2015 hast du die Trends für 2016 vorgestellt. Wie liegst du mit deinen Prognosen?

Ich habe mal kurz nachgeschaut und muss sagen, sehr viel davon ist schon präsenter als vor einem halben Jahr. Es gibt für Redaktionen mittlerweile mehrere Tools, mit denen Storytelling einfacher funktioniert – und das wird auch vermehrt eingesetzt. Auch werden Videos deutlich häufiger in Artikeln verwendet.

Ebenfalls ein großes Thema ist die virtuelle Realität. Hier hat vor allem Google bei der Google IO mit Daydream eine Plattform vorgestellt, die mächtig Eindruck machen wird.

Bei der Gestaltung müssen wir wohl noch ein wenig abwarten. Da habe ich noch nicht so viele der „Trends“ entdecken können. (Anm.: Laut Stephan würden 2016 Text und Typografie mehr in den Fokus rücken und mit der Flexbox ein gewaltiger Evolutionssprung bevorstehen. Mehr dazu in seinem Artikel.).

Ein großes Thema ist derzeit die Ladezeit. Mit Google AMP ist ein Versuch unternommen worden, die Ladezeiten von Seiten bzw. Artikeln zu reduzieren. Es soll wieder mehr Fokus auf den Inhalt gelegt werden und darauf, dass dieser schneller beim Nutzer ankommt. Siehe auch Facebook Instant Articles.

Was die Werbung angeht: Es hat sich leider noch nicht viel getan. Wir müssen hier weiter auf das Licht am Ende des Tunnels warten. (Anm.: etwa dass Native Advertisement eine stärkere Rollen spielen wird.)

 

Trends 2016

Gibt es etwas, das du in diesem Jahr noch erwartest, auf das du hoffst?

Ehrlich gesagt nicht.

Was würdest du abseits von deiner Arbeit gerne mal tun?

Da gibt es einige Vorhaben:

  1. Ein eigenes Eis herstellen.
  2. Alte Kochbücher digitalisieren sowie regionale Rezepte finden.
  3. Mit dem Fahrrad an die Nordsee oder eine Runde um den Bodensee fahren.
  4. Den Teutoburger Wald über die Hermannshöhen erwandern.

Welche Eissorte schwebt dir denn vor?

Keine bestimmte Sorte, ich möchte einfach nur mein eigenes Eis herstellen, mal etwas anderes. Vor kurzem habe ich Ingwer-Eis gegessen. Das war sehr spannend.

Hast du bei den regionalen Rezepten eine bestimmte Region, die dich besonders interessiert?

Mich interessieren vor allem lokale Spezialitäten, die in Vergessenheit geraten sind. Es gibt beispielsweise den westfälischen Pfefferpotthast. Solche Rezepte suche ich.

Du hast dir jedes Jahr ein „Oberthema“ für das Blog gegeben. Letztes Jahr war es, jeden Tag zu bloggen. Das Jahr 2016 ist für dich das Jahr der Kochbuchsammlung. Wie kam es dazu?

Letztes Jahr bekam meine Freundin von mir einen Adventskalender, dessen Inhalt aus 24 Büchern bestand. Leider hatte ich eines doppelt bestellt, weil ich nicht mehr wusste, welche schon im Regal stehen. Daraufhin habe ich von jedem ein Foto gemacht und mir gedacht: „Mach doch gleich einen Artikel daraus.“ So gibt es einen zentralen Platz, an dem ich im Zweifel nachschauen kann.

Welche Kochbücher kannst du weiterempfehlen?

Es gibt eine Reihe namens Culinaria, die ist hübsch gestaltet. Ansonsten viele Bücher aus dem GU Verlag. Die sind auch schön und die Rezepte gelingsicher. Was auch nett ist, sind die Bücher von Stevan Paul, zum Beispiel „Auf die Hand – Sandwiches, Burger & Toasts, Fingerfood & Abendbrote“.

Hast du schon Ideen, was 2017 dein Oberthema sein wird? 

Nein, das mache ich spontan, vielleicht an Silvester.

Gibt es Blogs, die du anderen empfehlen würdest?

Ich habe derzeit keine Blogs, die ich jeden Tag absurfe. Ich lese meinen Feedreader eher thematisch. Inspirationsquellen, Technikthemen, Fotothemen usw.

Wobei, vielleicht den Blog von Uli Stein. In seinem Notizbuch sind regelmäßig hübsche Bilder von Tieren aus seinem Garten oder die er unterwegs gesehen hat. Garniert mit eindrucksvollen Wolkenbildern. So ein Garten (und die Zeit, all die Tiere und Eindrücke zu fotografieren) ist schon ein Traum.


Alle Beiträge der Serie 'Wir stellen uns vor'

  1. „Die gedruckte Seite wird bald vorbei sein“ – Interview mit Benjamin Birkenhake
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  5. Wie man es schafft, schneller Code zu schreiben – Interview mit Enno Welbers
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  7. „Viel bewegen!“ – Interview mit Edward Bock
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  9. Einfach machen und anfangen – Interview mit Jana Eggebrecht
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  13. Die Welt ein bisschen schöner machen – für sich und vielleicht auch für andere – Interview mit Matthia Tiemeyer
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Ein Kommentar

  1. Hat mir sehr gefallen. Ich freue mich jeden Tag über mein Gartenparadies, auch wenn es zeitintensiv ist, macht es den Kopf frei für die Bildschirmarbeit.

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