Wie man es schafft, schneller Code zu schreiben – Interview mit Enno Welbers

Enno Welbers

Dieser Artikel ist aus der Reihe „Wir stellen uns vor“, in der wir alle Mitarbeiter im Palasthotel einmal vorstellen möchten. Die Interviews hat Ute Mündlein geführt und verschriftlicht, mit der wir ganz besonders gerne zusammen arbeiten. Wir veröffentlichen die Texte „in order of appearance“ der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Firma.

Wie man es schafft, schneller Code zu schreiben – Interview mit Enno Welbers

„Wenn du das Werkzeug nicht beherrscht, beherrscht das Werkzeug dich.“

Diesen Satz übernahm Enno von seinem Vater. Er fiel, als wir über US-Tastaturen sprachen und wie sehr das seine Produktivität steigerte. Warum und welchen Zusammenhang er zwischen Programmiersprachen und Tastaturlayout sieht, erklärt er im Interview.

Auch sonst passt der Satz, wie ich finde, ganz gut. Enno hat mit Butler ein Schweizer Entwicklungs-Taschenmesser für die Hoteliers entwickelt, von dem sein Kollege Edward meinte, es sei das Tollste, was ihm dieses Jahr begegnet sei. Von der Idee bis zum ersten funktionierenden Befehl verging gerade mal eine Zugfahrt. Aber auch dazu mehr im Interview.

Was machst du bei Palasthotel?

Ich baue Apps für iOS und Android und schraube an den Systemen unserer Kunden unter der Haube. Dazu gehört eigentlich alles, was nichts mit dem Frontend zu tun hat: Inhalte vor dem Launch aus dem alten System ins neue holen, Kundenwünsche bauen. Hübsch machen muss es ein anderer – ich habe CSS-Verbot 🙂

Außerdem bin ich mit meinem Kollegen Edward zusammen die „Server-Unit“. Wir kümmern uns um die Administration der Entwicklungs- und Betriebsumgebungen. Neben diesen Aufgaben erfülle ich noch die Rolle des technischen Leiters. Dazu gehört: Grundlegende Entscheidungen zum Arbeitsablauf vorschlagen und sozialisieren sowie die technisch anspruchsvollen Fragestellungen in den Projekten im Blick behalten. Oft erarbeite ich mit den Kollegen zusammen die Lösung für einen Teilbereich eines Projekts, die dann umgesetzt wird.

Wie ist dein beruflicher Werdegang?

Nach dem Fachabitur in Elektrotechnik habe ich in Emden Informatik studiert. Das Praxissemester habe ich bei Phoenix Contact in Blomberg absolviert und dort auch meine Diplomarbeit geschrieben. Danach war ich bis Mitte 2014 bei Phoenix Contact im internen Maschinenbau.

Anfang 2010 habe ich mich neben der Anstellung als freier iOS-Entwickler selbständig gemacht. In der Zeit habe ich für einige Agenturen Apps für deren Kunden umgesetzt. So ist mir auch das Palasthotel über den Weg gelaufen. Zunächst habe ich als freier Mitarbeiter gearbeitet. Seit Mitte 2014 bin ich nun fest bei Palasthotel angestellt.

Du unterrichtest auch an der FH. Wie kam es dazu?

Marcus unterrichtet ja bereits zwei Kurse an der FH: analoge und digitale Gestaltung. Die FH Bielefeld hat vor einiger Zeit Leute aus der Digitalbranche eingeladen, um über Lehre und Ausbildung zu sprechen. Da wurde kritisiert, dass die Studenten nicht in modernen Technologien ausgebildet werden. Marcus hat Professor Fütterer, Prodekan des Fachbereichs Gestaltung, daraufhin vorgeschlagen, wir könnten einen Kurs „App-Entwicklung“ machen, bei dem er den gestalterischen und ich den technischen Part übernehmen würde.

Welche App habt ihr entwickelt?

Eine App, mit denen sich die Studenten zurechtfinden können. Also allgemeine Informationen rund ums Studium, Lageplan, Termine sowie Hilfestellungen für Erstsemester: Was sind die ersten Schritte …

Was hast du für dich gelernt?

Es ist wirklich nicht einfach, die Studenten zum Mitmachen zu bewegen. Viele sitzen passiv da, und man hat das Gefühl, man redet gegen eine Wand.

Woran liegt das?

Ich hab die Studenten danach gefragt, und sie meinten, das sei normal. Das finde ich persönlich sehr schade, weil ich glaube, der beste Weg, um programmieren zu lernen, ist, einfach loszulegen. Ich möchte gerne weitermachen, es ist zwar zeitintensiv und manchmal anstrengend, aber es macht viel Spaß. Am liebsten hätte ich gerne zwei Kurse, die aufeinander aufbauen, einen Kurs „Grundlagen der Programmierung“ und der zweite dann „App-Entwicklung“.

An welchen Projekten hast du bei Palasthotel mitgearbeitet? Welches ist in Erinnerung geblieben und warum?

Der Duden-Relaunch. Dafür habe ich die initiale Datenmigration gebaut, um jeden Eintrag des Dudens in ein Drupal zu importieren: insgesamt 230.000 Artikel.

Außerdem „SMS von gestern Nacht“ (inzwischen CHAT VON GESTERN NACHT). Im Vorfeld haben wir so hohen Traffic erwartet, dass unser Hoster explizit darum gebeten hat, beim Launch im Chat live dabei zu sein.

Das Emma-Projekt hat ebenfalls viel Spaß gemacht, weil Daten aus mehreren Quellen zusammengeführt werden mussten. Wir konnten jedoch nicht die üblichen Zuordnungsmethoden verwenden, sondern mussten mit inhaltlichen Methoden an das Problem herangehen: „In diesen beiden Texten geht es inhaltlich um das Gleiche, dann ist das wohl der gleiche Artikel.“

Du hast Butler für das Palasthotel entwickelt. Was verbirgt sich dahinter?

Butler ist das Schweizer Taschenmesser eines Hoteliers. Es automatisiert häufig anfallende Arbeitsabläufe. Außerdem organisiert es unseren „neuen“ Entwicklungsablauf.

Was meinst du damit?

Bis einschließlich Drupal 7 haben wir auf Entwicklungsservern gearbeitet, mit ganz normalen Texteditoren. In Drupal 8 ist das leider nicht mehr durchzuhalten.

Warum?

Die Komplexität ist massiv gestiegen, das ganze System ist objektorientierter geworden. Das bedeutet, dass man viel mehr Vorwissen haben muss. Wenn ich bestimmte Komponenten in Drupal 8 benutzen möchte, muss ich wissen, wo sie abgelegt sind. Damit mag man sich aber nicht aufhalten. Wenn man lokal entwickelt, gibt es Tools, die einem die Arbeit abnehmen.

Aus diesem Grund haben wir den Ablauf angepasst: Jeder entwickelt jetzt lokal. Dabei entstehen aber leider für jeden viele zusätzliche Arbeitsschritte. Butler hilft, diesen Overhead gering zu halten. Mit einem einzigen Befehl wird der gesamte Code auf den eigenen Rechner kopiert, die notwendigen Dienste (Webserver, Datenbank) konfiguriert und die virtuelle Maschine hochgefahren. Und mit einem zweiten Befehl kann man sich die Datenbank vom Produktivsystem in die eigene Umgebung kopieren.

Da wir nicht mehr an einer Stelle sicherstellen können, dass die richtigen Frontend-Tools installiert sind, liefert Butler gleich alles mit, was man zur Arbeit für JavaScript und CSS so braucht. Welche Tools dabei sind, haben unsere Frontender entschieden.

Mehr zu Butler und seinen Features gibt es im Blogpost „Butler – den Hoteliers jederzeit zu Diensten“.

Wie lange hast du für die Entwicklung gebraucht?

Letztlich gar nicht so lange. Der erste Wurf entstand auf einer Rückfahrt von einem Workshop bei Flying Circus von Halle nach Bielefeld. Beim Einsteigen hatten Ben und ich die Idee; als wir ankamen, funktionierte der erste Befehl. Ich habe noch einmal gut eine Woche in die Entwicklung investiert, bis es dann so weit war, dass wir es in einem Drupal-8-Projekt einsetzen konnten.

Das Verrückte ist, man braucht gar nicht viel Code. „Ich brauche eine virtuelle Maschine, ich will den Code lokal liegen haben, ich brauche eine Datenbank“ – das zu automatisieren waren keine 100 Zeilen Code. Eigentlich Quatsch, das nicht längst gemacht zu haben.

Auf welche Tools, außer Butler, willst du nicht mehr verzichten?

Xcode und PhpStorm – richtige IDEs für native Entwicklung und Webentwicklung
Prompt für iOS – eine Shell für das iPhone und das iPad, um „mal eben“ was auf Servern zu machen
Coda für iOS – eine Entwicklungsumgebung für iPhone und iPad

Einen HTTP Debugger – so kann man, ohne den Browser dazwischen zu haben, sehen, ob die Seite tut, was sie soll. (z.B. Do Http oder HTTP Client)

Worauf ich wirklich nicht mehr verzichten will, ist das US-Tastaturlayout. Das ist ein wahrer Produktivitätsboost, wenn man sich erst mal umgewöhnt hat.

Wieso ist das ein Produktivitätsboost?

Von meinem Vater stammt der Satz: „Wenn du das Werkzeug nicht beherrscht, beherrscht das Werkzeug dich.“ Das gilt auch für Tastaturen. Das heißt, jeder der programmiert, sollte tippen können, ohne auf die Tastatur zu schauen. Und US-Tastaturen machen es einem als Entwickler leichter.

Die wichtigsten Tasten für einen Programmierer sind die runden, die eckigen und die geschweiften Klammern. Die unwichtigsten sind die deutschen Sonderzeichen. Bei einer US-Tastatur liegen die Tasten für eckige und geschweifte Klammern neben dem „P“. Wenn man sich daran gewöhnt hat, geht das deutlich schneller.

Wenn wir schon dabei sind: Ich frage mich übrigens, ob sich die ersten Programmiersprachen auch an der US-Tastatur orientiert haben. Ich weiß jetzt nicht, was zuerst da war, die Tastatur oder die Programmiersprachen. Ich nehme mal an die Tastatur. Aber die beiden hängen so eng zusammen, was ausgewählte Zeichen angeht, etwa die Klammern. Vielleicht hatte das ja Einfluss beim Konzipieren der Programmiersprachen. Müsste man mal verifizieren.

Apropos Produktivitätsboost. Welche Blogs sollten andere Leute auch lesen?

Ich habe wenige regelmäßige Lesequellen, noch weniger Blogs. Am häufigsten lese ich 9to5mac.com (ja, ich bin iOS-/Mac-OS-Fan …), daringfireball.net und iphoneblog.de.
Ab und an ZEIT ONLINE. Auf meiner „Noch-zu-lesen“-Liste steht ridearound.de, das mir von Arne empfohlen wurde.

Du hast 2015 deinen Motorrad-Führerschein gemacht, wie kam es dazu?

Ich war zwei Mal im Sommer im Schwarzwald im Urlaub. Egal, wo man hinkam, es waren immer Motorräder da. Die Strecken haben selbst mit dem Auto richtig Spaß gemacht, und ich habe mich gefragt: Wie ist das erst mit dem Motorrad?

Der 30. Geburtstag war der Aufhänger, alle haben mich gefragt: „Was wünscht du dir denn?“ Ich meinte daraufhin: „Wenn ihr mir unbedingt etwas schenken müsst, dann einen Gutschein für die Fahrschule, für Motorradklamotten etc.“

Und dann war ich in der Pflicht. Ich kann mir ja schlecht Gutscheine schenken lassen und dann nicht zum Unterricht gehen.

Seitdem bist du einige Kilometer gefahren. Welche Strecken/Touren haben dir besonders gefallen? Was kannst du anderen weiterempfehlen?

Ich fahre gerne von Bielefeld Richtung Süden. Eine Strecke, die mir gefällt, ist die Weser entlang. Sie ist nicht ganz so anspruchsvoll, aber die ganze Zeit kurvig und man hat immer eine super Aussicht.

Ausflugsziele, zu denen ich gerne hinfahre, sind der Köterberg oder die Weser-Skywalk. Die Strecke dahin ist auch schön kurvig. Oder der Diemelsee.

Ich war vor kurzem in Heidelberg auf den Drupal Business Days. Die Kasseler Berge sind mit dem Motorrad eine wahre Freude. Das Rauf und Runter ist als Autofahrer anstrengend, auf dem Motorrad fühlt man sich da sehr wohl.

Wo möchtest du gerne einmal hinfahren?

In den Schwarzwald. Das hat bislang noch nicht geklappt. Ich habe noch niemanden gefunden, der mitfährt und in etwa die gleiche Geschwindigkeit fährt. Aber ich bin optimistisch, dass das bald klappt!


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